An einem Wochenende zur Meisterschaft in chinesischer Teekunst
Im Kursangebot des Hamburger Konfuzius-Instituts entdeckte ich einen „Meisterkurs Teekunst“. Kurz entschlossen meldete ich mich an, denn als passionierte Teetrinkerin interessiert mich alles, was mit Tee zu tun hat. Mein Mann gab sich skeptisch, als ich ihm von meinem Vorhaben erzählte. „Was kannst du dort noch lernen?“, fragte er. So ganz unbegründet war seine Skepsis nicht. Auf langen Reisen durch China waren wir häufig in Gebiete gekommen, die für ihren Tee berühmt sind, so dass wir uns an Ort und Stelle über Anbau, Qualitäten und Zubereitungsmethoden informieren konnten. Auch befinden sich in unserem Freundeskreis einige Teekenner, die uns freundlicherweise mit bestem Tee versorgen und uns immer wieder in angesagte Teesalons und Teehäuser führen.
Trotzdem nahm ich an dem Kurs teil und merkte bald, dass es doch noch eine ganze Menge zu lernen gab. Mit einigen anderen Interessierten saß ich schließlich um einen langen Tisch versammelt und lauschte den Ausführungen von Bao Lili, der Tee-Fee aus Shanghai, die den Kurs leitete.
Hören wir im Westen von Teezeremonien, denken wir meist an Japan, denn in China, dem Heimatland des Tees, war die traditionelle Teekultur lange Zeit verpönt. Sie war sozusagen unter die politischen Räder geraten. Doch die alten Bräuche leben wieder auf, und es sind vor allem die jungen Chinesen, die sich auf die Suche nach ihrem kulturellen Erbe begeben. Bao Lili ist dafür ein typisches Beispiel. Sie hat die Wiederbelebung und Verbreitung der traditionellen Teekultur zur Aufgabe ihres Lebens gemacht. Dabei hatte sie zunächst ganz andere Pläne, als sie ein Englisch-Studium absolvierte. Zum Glück verstand sie es aber, ihr Interesse an Tee in berufliche Bahnen zu lenken, indem sie die Teewissenschaften in Hangzhou studierte. Heute ist sie eine staatlich anerkannte Teemeisterin, die bei vielen Gelegenheiten im In- und Ausland in die komplexe Teekultur einführt. Während der Weltausstellung EXPO 2010 in Shanghai nahm sie an mehreren Veranstaltungen teil und wurde mit dem Ehrentitel „Tee-Fee“ ausgezeichnet.
Zwei Tage intensiven Unterrichts gingen leider viel zu schnell vorüber. Insgesamt gesehen ein beeindruckendes Erlebnis verbunden mit einer Menge Spaß. Bao Lili entführte uns in die Welt des chinesischen Tees. Wir lernten die ästhetischen Prinzipien der Teekunst kennen und übten uns in den unterschiedlichen Zubereitungsarten der wichtigsten Teesorten. Schließlich absolvierten wir noch locker eine nicht ganz strenge Prüfung.
Nun bin ich also eine Teemeisterin, und natürlich wollte ich meine neuerworbenen Kenntnisse sofort unter Beweis stellen und lud dazu ein paar Gäste ein. Leider keine deutschen, die sicherlich leicht zu beeindrucken gewesen wären. Stattdessen saßen ein paar Chinesen in meinem Wohnzimmer und warteten gespannt darauf, was ich ihnen denn nun vorzaubern würde. Ich muss sagen, ich schlug mich wacker, hantierte mit Teekännchen, Bechernchen, Teeblättern und all den Utensilien herum, die zu einer anständigen Teezeremonie gehören, vergaß aber leider bei all der Aufregung, die kleinen Teebecher randvoll mit heißem Wasser auszuspülen. Ich füllte sie nur halbvoll. Prompt kam Protest. Natürlich von einer Shanghaierin, denn die nehmen es ja meist sehr genau. Von einer Meisterschaft bin ich also noch weit entfernt. Das ist klar. Aber was kann ich tun? Ganz einfach. Ich fliege nach Shanghai und begebe mich erneut unter die Fittiche von Bao Lili, der charmanten Tee-Fee, die dort eine Schule für Teekultur betreibt.